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Abschal­ten nach der Arbeit – warum es oft nicht gelingt und was wirk­lich hilft

Viel­leicht kennst du das: Der Arbeits­tag ist vor­bei – aber inner­lich geht es weiter

Du hast den Arbeits­platz ver­las­sen, die Tür hin­ter dir geschlos­sen – und trotz­dem lau­fen die Gedan­ken wei­ter. Gesprä­che, offene Auf­ga­ben, unge­löste Situa­tio­nen blei­ben präsent. 

Der Kör­per ist längst zu Hause, aber dein Sys­tem scheint gedank­lich noch nicht im Fei­er­abend ange­kom­men zu sein. 

Gerade wenn du viel Ver­ant­wor­tung trägst oder dich stark mit dei­ner Arbeit iden­ti­fi­zierst, ist das kein sel­te­nes Erle­ben. Der Wech­sel von Anspan­nung zu Ruhe gelingt nicht automatisch. 

Nach der Arbeit abschal­ten bedeu­tet mehr als den Ort zu wech­seln – es ist ein inne­rer Vor­gang. Und genau hier beginnt die Frage nach Selbst­re­gu­la­tion.

  • Icon Marion Wandke

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Für das Abschal­ten gibt es kei­nen Schalter

Viel­leicht hast du dir schon öfter vor­ge­nom­men, nach der Arbeit wirk­lich abzu­schal­ten – die Gedan­ken an den Arbeits­tag los­zu­las­sen, inner­lich zur Ruhe zu kom­men. Und trotz­dem bleibt dein Sys­tem in Span­nung. Der Kör­per ist zu Hause, aber inner­lich läuft alles weiter.

Abschal­ten geschieht nicht auf Knopf­druck. Es ist ein Pro­zess inne­rer Umstel­lung, der kör­per­lich, emo­tio­nal und men­tal inein­an­der­greift. Damit die­ser Über­gang gelin­gen kann, braucht es bestimmte Vor­aus­set­zun­gen: Pau­sen, Abgren­zung und klare Trenn­li­nien zwi­schen Arbeit und Frei­zeit. Für viele Men­schen gehört dazu auch eine kleine Rou­tine, die bewusst das Ende des Arbeits­tags markiert.

Genau das fehlt im All­tag vie­ler Men­schen – beson­ders dann, wenn Ver­ant­wor­tung oder hohe Iden­ti­fi­ka­tion mit der beruf­li­chen Rolle eine dau­er­hafte Prä­senz verlangen.

Wenn du bemerkst, dass dein Sys­tem nach einem lan­gen Tag nicht in den Ruhe­mo­dus fin­det, liegt das sel­ten an feh­len­der Dis­zi­plin. Häu­fig ist es ein Zei­chen dafür, dass das Ner­ven­sys­tem im sym­pa­thi­schen Akti­vi­täts­mo­dus bleibt – zustän­dig für Leis­tung, Wach­heit, Reaktion.

Der eigent­li­che Fei­er­abend beginnt jedoch erst dann, wenn der Über­gang in den para­sym­pa­thi­schen Zustand gelingt: Erst dort wer­den Rege­ne­ra­tion und Ver­ar­bei­tung mög­lich – und du kannst dich bewusst von der Arbeit distanzieren.


Was inner­lich wei­ter­läuft, wenn du nicht abschal­ten kannst

Du möch­test zur Ruhe kom­men – aber inner­lich bleibt etwas aktiv. Gedan­ken an die Arbeit, offene Punkte oder Gesprä­che las­sen sich nicht ein­fach zur Seite schie­ben. Das Sys­tem bleibt auf Emp­fang, auch wenn der Arbeits­tag längst vor­bei ist.

Gerade beim Abschal­ten zeigt sich, wie stark sich bestimmte innere Mus­ter auto­ma­ti­siert haben. Viel­leicht kennst du Gedan­ken wie:

Wie soll ich das alles schaf­fen?“
Mor­gen steht schon wie­der so viel an – ich muss das irgend­wie im Kopf behal­ten.“
Ich muss erreich­bar sein, viel­leicht mel­det sich ja noch jemand.“
Wenn ich jetzt abschalte, bleibt etwas liegen.“

Sol­che inne­ren Stim­men sind oft keine bewuss­ten Ent­schei­dun­gen. Sie ent­ste­hen aus ver­in­ner­lich­ten Erwar­tun­gen, Rol­len­bil­dern oder Ver­ant­wor­tungs­an­tei­len, die über Jahre wirk­sam gewor­den sind – oft unbe­merkt. Was ursprüng­lich sinn­voll war, kann im All­tag zur Belas­tung werden.

Abschal­ten bedeu­tet dann nicht nur, gedank­lich Abstand zu gewin­nen, son­dern auch eine bewusste Tren­nung von Arbeit und per­sön­li­chem Raum herzustellen. 

Das Ner­ven­sys­tem bleibt sonst in einer Art inne­rem Span­nungs­feld: zwi­schen dem Wunsch nach Ruhe und dem Gefühl, wei­ter prä­sent sein zu müssen.

Wenn du regel­mä­ßig erlebst, dass du auch abends noch an die Arbeit denkst, ist das kein Zufall. Es ist ein Hin­weis dar­auf, dass Selbst­re­gu­la­tion an einer tie­fe­ren Stelle anset­zen darf.


Selbst­re­gu­la­tion bedeu­tet, den eige­nen inne­ren Zustand wahr­zu­neh­men – und zu wis­sen, wie man damit umge­hen kann.

Es geht nicht darum, sich zusam­men­zu­rei­ßen oder alles im Griff zu haben.

Son­dern darum, zu ver­ste­hen, was gerade im Sys­tem pas­siert – kör­per­lich, emo­tio­nal und gedank­lich – und wel­che Mög­lich­kei­ten du hast, den Zustand gezielt zu verändern.

Viele Men­schen ver­su­chen, mit dem Kopf zur Ruhe zu kom­men. Aber solange der Kör­per im Akti­vi­täts­mo­dus bleibt, gelingt das selten.

Was hilft, ist kein men­ta­ler Trick, son­dern eine klare Ver­bin­dung zwi­schen Wahr­neh­mung und Hand­lungs­spiel­raum.
Ein regu­lier­tes Sys­tem erkennt Span­nungs­zu­stände früh­zei­tig. Es weiß, wie es zwi­schen Anfor­de­rung und Ent­las­tung wech­selt – und kennt Übergänge.

Wenn du das nicht gelernt hast, ist das kein Defi­zit. Es zeigt nur, dass dein Ner­ven­sys­tem gelernt hat, Anspan­nung als ver­trau­ten Zustand zu nut­zen – beson­ders dann, wenn Stra­te­gien für den Über­gang in die Ruhe fehlen.

Selbst­re­gu­la­tion kann man ler­nen.

Nicht als Tech­nik, son­dern als Hal­tung: Du beginnst, dich selbst zu beob­ach­ten – ohne Bewer­tung. Du erkennst Mus­ter, erkennst, was dich akti­viert, was dich beru­higt. Und du ent­wi­ckelst Wege, dich dabei zu unter­stüt­zen – Schritt für Schritt.

Dabei kön­nen dir ganz unter­schied­li­che Zugänge hel­fen: ein acht­sa­mer Atem­zug, eine kurze Medi­ta­tion oder ein kör­per­li­cher Impuls.
Es geht nicht um Kon­trolle – son­dern um die Fähig­keit, gezielt zu ent­schleu­ni­gen, abzu­schal­ten und dich zu erholen.

🔶🔶 Wenn du noch bes­ser ver­ste­hen möch­test, wie du deine Gedan­ken, Emo­tio­nen und dei­nen Kör­per bewusst steu­ern kannst, fin­dest du hier einen ver­tie­fen­den Arti­kel: Wie du deine Gedan­ken, Emo­tio­nen und dei­nen Kör­per bewusst steuerst.


Was beim Abschal­ten hilft: Drei Ansätze, die dein Sys­tem unterstützen

Wenn das Sys­tem über län­gere Zeit auf Akti­vi­tät aus­ge­rich­tet ist, braucht es gezielte Impulse, um in den Ruhe­mo­dus wech­seln zu kön­nen.
Nicht jeder Mensch reagiert auf die­sel­ben Wege – aber es gibt Prin­zi­pien, die das Abschal­ten erleich­tern und dem Ner­ven­sys­tem signalisieren: 

Du darfst jetzt runterfahren.

Hier sind drei all­tags­taug­li­che Ansätze, die genau dort anset­zen – und dir hel­fen, das Abschal­ten ler­nen zu können.

Ein bewuss­tes Ritual am Ende des Arbeitstags

Ein kur­zes, wie­der­keh­ren­des Ritual mar­kiert den Über­gang zwi­schen Arbeits­mo­dus und Frei­zeit. Das kann so ein­fach sein wie:

  • bewusst den Arbeits­platz verlassen
  • Klei­dung wechseln
  • das Fens­ter öffnen
  • eine feste innere For­mel: Der Tag ist abgeschlossen.“

Wich­tig ist nicht das Ritual selbst, son­dern die Wir­kung, die es im Sys­tem ent­fal­tet: ein wie­der­erkenn­ba­res Signal, das Ori­en­tie­rung gibt. Selbst eine kleine Rou­tine kann aus­rei­chen, um dei­nem Kör­per zu zei­gen: Jetzt darfst du loslassen.

Den Kör­per zur Wahr­neh­mung nutzen

Viele Men­schen ver­su­chen, über Nach­den­ken zur Ruhe zu kom­men. Doch der Zugang zum Ruhe­mo­dus erfolgt meist über den Körper. 

Bewe­gung, Atem, Deh­nung, ein kur­zer Spa­zier­gang oder bewuss­tes Gäh­nen – all das sind Impulse, die kör­per­lich beru­hi­gend wir­ken, ohne dass du dich bemü­hen“ musst. 

Auch ein­fa­che soma­ti­sche Übun­gen, das bewusste Spü­ren der Füße oder lang­sa­mes Aus­at­men hel­fen, dein Sys­tem umzu­stel­len. Eine kurze Medi­ta­tion kann hier ebenso unter­stüt­zen – als bewusste Zäsur oder zur Entlastung.

Wenn inner­lich noch etwas offen bleibt

Nach außen ist der Tag viel­leicht been­det – aber inner­lich läuft noch etwas wei­ter. Gedan­ken an offene Auf­ga­ben, uner­le­digte Punkte oder das Gefühl, noch auf Emp­fang“ zu sein, kön­nen bleiben. 

Das ist nichts Unge­wöhn­li­ches. Beson­ders dann, wenn du viel Ver­ant­wor­tung trägst oder dich mit dei­ner Arbeit stark iden­ti­fi­zierst, bleibt dein Sys­tem oft län­ger aktiv. 

Was hilft, ist kein bewuss­tes Abschal­ten, son­dern ein Über­gang: Ein kur­zer Moment, der dir erlaubt, zu regis­trie­ren, dass der Tag zu Ende ist – und dass jetzt ein ande­rer Modus begin­nen darf. 

Das kann ein klei­ner Satz sein wie Für heute reicht’s“, eine bewusste Geste oder ein kur­zer Moment der Stille. Nicht als Tech­nik, son­dern als Ein­la­dung an dein Sys­tem, nicht mehr wei­ter­den­ken zu müs­sen.

👉 Neu­ro­im­puls: Warum Rituale beim Abschal­ten helfen

Das Gehirn reagiert auf Wie­der­ho­lun­gen mit Ver­knüp­fung und Auto­ma­ti­sie­rung.

Wenn du am Ende dei­nes Arbeits­tags ein fes­tes Ritual durch­führst – sei es ein Satz, eine Hand­lung oder ein kur­zer Moment der Acht­sam­keit –, ent­steht im Ner­ven­sys­tem eine Ver­bin­dung: Diese Hand­lung = Wech­sel in den Ruhezustand.

Wie­der­ho­lung ver­stärkt diese Ver­knüp­fung. Das lim­bi­sche Sys­tem – zustän­dig für emo­tio­nale Bewer­tung – regis­triert: Hier beginnt Sicher­heit, hier darf ich loslassen.

Gleich­zei­tig akti­viert ein Ritual oft auch kör­per­ba­sierte Signale (Bewe­gung, Atem, sen­so­ri­sche Reize), die den Para­sym­pa­thi­kus anspre­chen – den Teil des auto­no­men Ner­ven­sys­tems, der für Ent­span­nung und Rege­ne­ra­tion zustän­dig ist.

Je kla­rer und ver­läss­li­cher das Ritual ist, desto leich­ter fällt es dem Sys­tem, zwi­schen Akti­vi­tät und Ruhe zu unter­schei­den. Es ent­steht Ori­en­tie­rung – und genau die fehlt häu­fig im Über­gang zwi­schen Arbeit und Freizeit.

Fazit: Abschal­ten ler­nen heißt, sich selbst bes­ser zu verstehen

Wenn dir das Abschal­ten schwer­fällt, hat das sel­ten mit Dis­zi­plin zu tun. 

Viel eher zeigt es, dass dein Sys­tem gelernt hat, in einem Zustand von Ver­ant­wor­tung, Wach­heit oder Anspan­nung zu funktionieren. 

Diese Mus­ter sind nicht falsch – aber sie kön­nen dich fest­hal­ten, wenn der Wech­sel in den Ruhe­mo­dus nicht mehr gelingt. 

👉 Selbst­re­gu­la­tion beginnt mit Selbst­wahr­neh­mung.

Erst wenn du erkennst, was dich inner­lich aktiv hält – ob äußere Anfor­de­run­gen oder eigene Antrei­ber –, kannst du ler­nen, gezielt Ein­fluss zu neh­men. Viel­leicht spürst du, dass es dir nicht nur um den Fei­er­abend geht – son­dern um die Frage, wie du grund­sätz­lich bes­ser für dich sor­gen kannst, ohne stän­dig im Funk­ti­ons­mo­dus zu bleiben. 

👉 Abschal­ten zu ler­nen ist keine Tech­nik.

Es ist ein Teil von Selbst­füh­rung – und oft der erste Schritt zu einer ande­ren Hal­tung sich selbst gegenüber.

Portrait Marion Wandke

Marion Wandke

Seit über 15 Jahren beschäftige ich mich mit der Frage, wie Menschen in komplexen Lebensphasen innerlich klar und handlungsfähig bleiben können. Mich interessieren besonders die Wechselwirkungen zwischen Denken, Fühlen und Körperwahrnehmung – dort, wo Selbstregulation gefordert ist.

Ich arbeite heute als Resilienz-Coachin mit Fokus auf humanistischer Psychologie und Psychotherapie, Neurowissenschaften und Embodiment. Mein Schwerpunkt liegt auf Selbstführung und Selbstregulation als Schlüsselkompetenz. Ich bin überzeugt, dass echte innere Stärke aus Klarheit, Werteorientierung und Selbstführung entsteht.

Mehr über mich und meine Arbeit findest du auf meiner “Über-mich”-Seite.