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Kogni­tive Selbst­re­gu­la­tion stär­ken: Drei Denk­feh­ler erken­nen und bewusst steuern

Kogni­tive Selbst­re­gu­la­tion ist die Fähig­keit, deine Gedan­ken bewusst wahr­zu­neh­men, zu reflek­tie­ren und aktiv zu steu­ern. Sie gehört zu den zen­tra­len Bau­stei­nen psy­chi­scher Selbst­füh­rung – gerade in her­aus­for­dern­den Situa­tio­nen. Doch im All­tag ste­hen uns häu­fig Denk­feh­ler bzw. Denk­fal­len im Weg: auto­ma­ti­sche Mus­ter, die unsere Wahr­neh­mung ver­zer­ren und unser Ver­hal­ten unbe­wusst len­ken.
In die­sem Arti­kel lernst du drei typi­sche Denk­fal­len ken­nen – und bekommst kon­krete Stra­te­gien, wie du deine kogni­tive Selbst­re­gu­la­tion stärkst.

Denk­feh­ler sind kogni­tive Ver­zer­run­gen (Bia­ses)

Viele der auto­ma­ti­schen Denk­wei­sen, die uns im All­tag zu schaf­fen machen, gehö­ren aus psy­cho­lo­gi­scher Sicht zu den soge­nann­ten kogni­ti­ven Ver­zer­run­gen – im Eng­li­schen auch als bia­ses bezeich­net. Sie ent­ste­hen durch wie­der­holte Erfah­run­gen, emo­tio­nale Prä­gun­gen oder tief ver­an­kerte Über­zeu­gun­gen und wir­ken unbe­wusst auf unsere Wahr­neh­mung und Ent­schei­dun­gen.
Einige der bekann­tes­ten Bia­ses sind:

  • Kata­stro­phi­sie­ren ( cata­stro­phi­zing): Die Ten­denz, das Schlimmst­mög­li­che anzu­neh­men, unab­hän­gig von der Wahrscheinlichkeit.
  • Kon­troll­il­lu­sion ( con­trol bias): Der Glaube, mehr Kon­trolle über Ereig­nisse zu haben, als tat­säch­lich mög­lich ist.
  • Selb­st­ab­wer­tung (ver­wandt mit nega­ti­vity bias oder low self-effi­cacy beliefs): Die Nei­gung, die eige­nen Fähig­kei­ten zu unter­schät­zen oder Feh­ler überzubewerten.

Diese Ver­zer­run­gen füh­ren zu emo­tio­na­len Reak­tio­nen – Angst, Druck, Unsi­cher­heit – und blo­ckie­ren damit gezielte Selbst­steue­rung.

Kogni­tive Selbst­re­gu­la­tion bedeu­tet, diese Mus­ter zu erken­nen, inner­lich Abstand zu gewin­nen und bewusst neue Per­spek­ti­ven einzunehmen.

Was bedeu­tet kogni­tive Selbst­re­gu­la­tion – und was hat das mit men­ta­ler Stärke zu tun?

Der Begriff men­tale Selbst­re­gu­la­tion wird häu­fig ver­wen­det, wenn es all­ge­mein um die innere Steue­rung von Gedan­ken, Gefüh­len oder Impul­sen geht. In die­sem Arti­kel liegt der Fokus jedoch auf der kogni­ti­ven Selbst­re­gu­la­tion – also auf der Fähig­keit, eigene Denk­mus­ter bewusst wahr­zu­neh­men, ein­zu­ord­nen und gezielt neue Sicht­wei­sen zu ent­wi­ckeln.

  • Icon Marion Wandke

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Kogni­tive Selbst­re­gu­la­tion bedeu­tet:
Du nimmst deine Gedan­ken nicht als gege­ben hin, son­dern ent­wi­ckelst ein reflek­tier­tes Ver­hält­nis zu ihnen – du wirst zur Gestal­te­rin dei­nes Den­kens und stärkst damit deine Selbst­wirk­sam­keit.

Die Fähig­keit, gedank­li­che Pro­zesse aktiv zu steu­ern, ist eine Schlüs­sel­kom­pe­tenz für men­tale Sta­bi­li­tät und Moti­va­tion – beson­ders dann, wenn äußere Umstände unklar, kom­plex oder belas­tend sind.

👉 Sie gehört zu den zen­tra­len Bestand­tei­len des­sen, was Albert Bandura in der Theo­rie der Selbst­re­gu­la­tion als Vor­aus­set­zung für geziel­tes Han­deln beschreibt: die Fähig­keit, das eigene Den­ken und Ver­hal­ten bewusst zu beob­ach­ten und zu steu­ern.


Drei häu­fige Denk­feh­ler – du erkennst sie viel­leicht auch bei dir

Denk­feh­ler 1: Kata­stro­phi­sie­ren („Das wird ganz schlimm…“)

Was pas­siert?

Du gehst inner­lich sofort vom schlimmst­mög­li­chen Aus­gang aus. Noch bevor etwas geschieht, läuft in dei­nem Kopf ein gan­zer Worst-Case-Film ab – emo­tio­nal auf­ge­la­den, mit allen nega­ti­ven Fol­gen. Diese Form der kogni­ti­ven Ver­zer­rung lässt dich Gefahr sehen, wo noch keine ist.

Warum das pro­ble­ma­tisch ist:

Dein Ner­ven­sys­tem reagiert auf das gedank­li­che Sze­na­rio wie auf eine reale Bedro­hung: Stress­hor­mone wie Cor­ti­sol wer­den aus­ge­schüt­tet, dein Kör­per ver­setzt sich in Alarm­be­reit­schaft. Du wirst unru­hig, ange­spannt, geis­tig eng – der Zugriff auf deine bewusste Steue­rung und dein Urteils­ver­mö­gen wird eingeschränkt.

Kata­stro­phi­sie­ren wirkt wie ein inne­rer Ver­stär­ker nega­ti­ver Emo­tio­nen – es ent­zieht dir die Fähig­keit, klar zu den­ken und hand­lungs­fä­hig zu bleiben.

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Wie du dich regu­lie­ren kannst:

  • Fak­ten prü­fen: Was spricht objek­tiv dafür, dass es wirk­lich schlimm kommt? Gibt es belast­bare Hin­weise – oder sind es wie­der­keh­rende Befürchtungen?
  • Wahr­schein­lich­kei­ten schät­zen: Wie rea­lis­tisch ist dein inne­res Sze­na­rio im Ver­hält­nis zu bis­he­ri­gen Erfahrungen?
  • Alter­na­ti­ven den­ken: Was wäre ein rea­lis­ti­sches Best-Case-Sze­na­rio? Und was liegt dazwischen?

Diese Schritte akti­vie­ren dei­nen prä­fron­ta­len Kor­tex und stär­ken deine kogni­tive Selbst­re­gu­la­tion – du beginnst wie­der, dein Den­ken bewusst zu steuern.

Denk­feh­ler 2: Selbst­zwei­fel („Ich schaffe das nicht…“)

Ein inne­rer Kri­ti­ker mel­det sich – leise oder sehr bestimmt – mit der Bot­schaft: Du bist nicht gut genug.“
Diese Denk­falle gehört zur Gruppe der kogni­ti­ven Selb­st­ab­wer­tung und hat oft eine lange Geschichte: Erfah­run­gen aus Kind­heit, Schule oder Beruf haben sich als Über­zeu­gung im Den­ken verfestigt.

Warum das pro­ble­ma­tisch ist:

Selbst­zwei­fel füh­ren zu Ver­mei­dungs­ver­hal­ten. Du gehst Her­aus­for­de­run­gen aus dem Weg, pro­bierst neue Wege nicht aus oder gibst zu früh auf.
So bestä­tigst du dir unbe­wusst deine eigene Über­zeu­gung – und unter­gräbst lang­fris­tig deine Selbst­wirk­sam­keit.

Selbst­zwei­fel wir­ken emo­tio­nal ent­mu­ti­gend und ent­zie­hen dir genau die Ener­gie, die du für Ver­än­de­rung und Ent­wick­lung brauchst.

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Wie du dich regu­lie­ren kannst:

  • Res­sour­cen akti­vie­ren: Wann hast du in der Ver­gan­gen­heit etwas geschafft, obwohl du vor­her gezwei­felt hast? Wel­che Stär­ken hast du in dir mobilisiert?
  • Innere Selbst­ge­sprä­che bewusst steu­ern: Statt Ich kann das nicht“ → Ich wachse an die­ser Her­aus­for­de­rung“ oder: Ich ver­su­che es mit dem, was ich gerade zur Ver­fü­gung habe.“
  • Kon­krete Hand­lungs­schritte pla­nen: Was ist ein klei­ner, rea­lis­ti­scher ers­ter Schritt? Wie kannst du ins Han­deln kom­men, ohne dich zu überfordern?

Kogni­tive Selbst­re­gu­la­tion beginnt hier mit einer Ent­schei­dung: Du steu­erst aktiv, wel­chen Gedan­ken du Glau­ben schenkst – und stärkst damit deine Fähig­keit, dir selbst Halt zu geben.

Denk­feh­ler 3: Kon­troll­il­lu­sion („Ich muss alles im Griff haben…“)

Was pas­siert?

Du ver­suchst, jede Even­tua­li­tät im Vor­aus zu beden­ken, alles zu pla­nen und zu kon­trol­lie­ren. Hin­ter die­sem Mus­ter steckt oft die tiefe Über­zeu­gung: Nur wenn ich alles im Griff habe, bin ich sicher.

Warum das pro­ble­ma­tisch ist:

Der Wunsch nach voll­stän­di­ger Kon­trolle erzeugt eine Dau­er­an­span­nung im Ner­ven­sys­tem. Du ver­suchst, auf alles vor­be­rei­tet zu sein – und ver­lierst dabei die Fähig­keit, fle­xi­bel und offen zu reagie­ren. Je mehr du kon­trol­lie­ren willst, desto eher gerätst du unter Druck – und desto schwie­ri­ger wird es, dich inner­lich zu steuern.

Die Kon­troll­il­lu­sion wirkt wie ein psy­cho­lo­gi­scher Zwang – sie ent­zieht dir Kraft, ohne dir echte Sicher­heit zu geben.

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Wie du dich regu­lie­ren kannst:

  • Akzep­tie­ren, was du nicht steu­ern kannst: Das Ver­hal­ten ande­rer, Zufälle oder äußere Rah­men­be­din­gun­gen gehö­ren nicht zu dei­nem Einflussbereich.
  • Dei­nen Ein­fluss­be­reich klä­ren: Was liegt heute kon­kret in dei­ner Hand? Was kannst du gestal­ten, ver­än­dern oder entscheiden?
  • Los­las­sen üben: Beginne mit klei­nen Schrit­ten – dele­giere Auf­ga­ben, gib Ver­ant­wor­tung ab oder lasse bewusst etwas offen. Du trai­nierst damit nicht nur Gelas­sen­heit, son­dern auch Selbst­wirk­sam­keit im Nicht-Tun.

Kogni­tive Selbst­re­gu­la­tion bedeu­tet hier: Du erkennst den Unter­schied zwi­schen Kon­trolle und Ein­fluss – und lernst, dich bewusst auf das zu fokus­sie­ren, was du tat­säch­lich gestal­ten kannst.

Neu­ro­wis­sen: Wie Denk­feh­ler dein Gehirn steuern

Kogni­tive Ver­zer­run­gen akti­vie­ren über­wie­gend lim­bi­sche Struk­tu­ren im Gehirn – ins­be­son­dere die Amyg­dala, die für die emo­tio­nale Bewer­tung von Bedro­hun­gen zustän­dig ist. Das Gehirn reagiert dabei nicht auf die Rea­li­tät, son­dern auf die emo­tio­nal auf­ge­la­dene Bedeu­tung, die wir einer Situa­tion zuschreiben.

Diese Reak­tion hat direkte neu­ro­bio­lo­gi­sche Fol­gen: Der prä­fron­tale Kor­tex, der für Refle­xion, Abwä­gung und bewusste Steue­rung zustän­dig ist, wird gehemmt. In sol­chen Momen­ten über­nimmt“ das emo­tio­nale Gehirn – wäh­rend der den­kende Anteil in den Hin­ter­grund tritt.

Kogni­tive Selbst­re­gu­la­tion bedeu­tet des­halb:
Du lernst, dein Gehirn bewusst umzu­schal­ten – von auto­ma­ti­schen Reiz-Reak­ti­ons-Mus­tern hin zu einem inne­ren Zustand, in dem du wie­der klar den­ken, neu bewer­ten und gezielt han­deln kannst.

👉 So wir­ken Denk­feh­ler nicht nur auf deine Gedan­ken – son­dern ver­än­dern deine Hand­lungs­fä­hig­keit auf neu­ro­na­ler Ebene.

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Fazit: Kogni­tive Selbst­re­gu­la­tion ist trainierbar

Diese Denk­feh­ler /​ Denk­fal­len sind kein per­sön­li­ches Ver­sa­gen – sie sind Aus­druck tief ver­an­ker­ter Mus­ter, die über viele Jahre hin­weg gewach­sen sind. Ent­schei­dend ist nicht, ob sie auf­tau­chen, son­dern wie bewusst du mit ihnen umgehst.

Kogni­tive Selbst­re­gu­la­tion eröff­net dir genau die­sen Handlungsspielraum:

Du lernst, dein Den­ken zu reflek­tie­ren, innere Bewer­tun­gen zu steu­ern – und so neue Wege im Han­deln zu erschlie­ßen.
Was zuerst unbe­wusst wirkt, kann durch Übung zur bewuss­ten Ent­schei­dung wer­den. Das stärkt deine Selbst­wirk­sam­keit – im All­tag, im Beruf, im Umgang mit dir selbst.

Portrait Marion Wandke

Marion Wandke

Seit über 15 Jahren beschäftige ich mich mit der Frage, wie Menschen in komplexen Lebensphasen innerlich klar und handlungsfähig bleiben können. Mich interessieren besonders die Wechselwirkungen zwischen Denken, Fühlen und Körperwahrnehmung – dort, wo Selbstregulation gefordert ist.

Ich arbeite heute als Resilienz-Coachin mit Fokus auf humanistischer Psychologie und Psychotherapie, Neurowissenschaften und Embodiment. Mein Schwerpunkt liegt auf Selbstführung und Selbstregulation als Schlüsselkompetenz. Ich bin überzeugt, dass echte innere Stärke aus Klarheit, Werteorientierung und Selbstführung entsteht.

Mehr über mich und meine Arbeit findest du auf meiner “Über-mich”-Seite.